Holzbau in Wohnimmobilien: Nachhaltigkeit und Brandschutz im Praxischeck

Nov 30, 2025

Holzbau in Wohnimmobilien: Nachhaltigkeit und Brandschutz im Praxischeck

Holzbau in Wohnimmobilien: Nachhaltigkeit und Brandschutz im Praxischeck

Warum Holzbau heute die richtige Wahl für Wohnimmobilien ist

Stellen Sie sich vor, Ihr neues Zuhause bindet mehr Kohlendioxid, als es während der Bauzeit ausstößt. Klingt wie Science-Fiction? Ist es aber nicht. Holzbau in Wohnimmobilien ist heute keine Nische mehr - er ist eine kluge, technisch ausgereifte Antwort auf Klimawandel und Energiekrise. In Deutschland wurde 2022 jeder achte Neubau aus Holz errichtet, ein Anstieg von über 50 % seit 2018. Das liegt nicht am Trend, sondern an Fakten: Ein Kubikmeter Holz bindet durchschnittlich eine Tonne CO₂ langfristig. Das ist, als würde man ein Auto für drei Jahre vom Straßenverkehr nehmen. Und das, ohne dass Sie dafür einen Cent mehr für Heizkosten zahlen müssen.

Wie Holz tatsächlich brennt - und warum das ein Vorteil ist

Viele denken: Holz brennt - also ist es unsicher. Aber das ist ein Irrglaube. Holz verbrennt nicht wie Papier. Es verkohlt. Und diese Kohleschicht wirkt wie eine natürliche Feuerschutzbarriere. Sie isoliert das unverbrannte Holz darunter und verlangsamt den Brandfortschritt auf etwa 0,7 Millimeter pro Minute. Das ist berechenbar. Das ist kontrollierbar. Das ist der Grund, warum moderne Holzkonstruktionen in Deutschland REI 30, REI 60 oder sogar REI 90 erreichen können - also 30, 60 oder 90 Minuten Feuerwiderstand. Kein Wunder, dass die Muster-Holzbau-Richtlinie (MHolzBauRL) von 2020 genau das regelt: wie Holz in Wänden, Decken und tragenden Elementen sicher eingesetzt werden kann. Experten wie Reinhard Eberl-Pacan sagen es klar: Holz brennt intelligent. Es schützt sich selbst.

Brandschutz im Holzbau: Was wirklich zählt

Der Brandschutz im Holzbau beginnt nicht mit Gipsplatten - er beginnt mit der Planung. Wer glaubt, einfach Holz zu verbauen und dann mit Feuerschutzplatten alles abzudecken, liegt falsch. Die Lösung liegt in Systemen. Brettsperrholz (BSP) zum Beispiel ist ein massives, lagenweise verleimtes Holz, das durch seine Dicke und Dichte von Natur aus feuersicher ist. Bei F90-Anforderungen - also Feuerbeständigkeit für 90 Minuten - wird die Holzkonstruktion nicht einfach verkleidet. Stattdessen werden spezielle Brandschott-Systeme von Herstellern wie Hilti eingesetzt, die Öffnungen für Leitungen oder Türen dicht verschließen, ohne dass eine dicke Gipsfaserwand nötig ist. Das spart Platz, Gewicht und Kosten. Und es funktioniert. Die Wohnanlage „Wald und Stadt“ in Hamburg, mit 128 Wohnungen, hat das bewiesen: Die Bauzeit war 40 % kürzer als bei Betonbau, trotz komplexer Brandschutzplanung.

Querschnitt einer feuerbeständigen Holzwand mit charrierter Oberfläche und Brandschutzsystemen für Durchführungen.

Die Wärmedämmung: Holz als natürlicher Isolator

Wussten Sie, dass Holz wärmeleitfähiger ist als Beton? Nein, das Gegenteil ist wahr. Holz hat einen Wärmeleitkoeffizienten von nur 0,13 W/mK. Beton dagegen liegt bei 2,1 W/mK - das ist fast 17-mal schlechter. Das bedeutet: Ein Holzhaus braucht weniger Dämmung, um die gleiche Energieeffizienz zu erreichen. Die Wände werden dünner, der Innenraum größer, die Heizkosten niedriger. In einem typischen Einfamilienhaus aus Holzrahmenbau spart man bis zu 30 % an Heizenergie im Vergleich zu einem konventionellen Betonhaus. Und das ohne teure Technik. Nur durch die richtige Materialwahl. Das macht Holzbau nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich attraktiv.

Die Herausforderungen: Feuchtigkeit und Planungskomplexität

Nicht alles ist perfekt. Holz ist lebendig. Es atmet - und es nimmt Feuchtigkeit auf. Wenn die Planung schlecht ist, kann das zu Schimmel, Quellung oder sogar Strukturbruch führen. Eine Studie des Instituts für Holzforschung München fand bei 12 von 100 untersuchten Holzgebäuden Schäden durch fehlerhafte Feuchtigkeitsplanung. Das ist kein Grund, auf Holz zu verzichten - sondern ein Hinweis, dass die Planung professionell sein muss. Wer ein Holzhaus baut, braucht keine Hobbyhandwerker, sondern Fachleute, die die MHolzBauRL kennen. Laut einer Umfrage des Deutschen Holzverbandes benötigen Architekten durchschnittlich 80 Schulungsstunden, um die Anforderungen richtig umzusetzen. Und das ist kein Nachteil - das ist Professionalität.

Wann Holzbau nicht passt - und warum

Holzbau ist nicht für alle Gebäude geeignet. In Deutschland gilt: Gebäude der Klasse 5 - also sehr hohe Gebäude mit mehr als sechs Stockwerken - müssen nach der Landesbauordnung „in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen“ bestehen. Das klingt nach einem Verbot, ist es aber nicht. Es ist eine Herausforderung. Einige Städte wie Freiburg haben es bereits geschafft: Das Gebäude an der Bugginerstraße 52 ist acht Stockwerke hoch und komplett aus Holz - mit einem speziellen, genehmigten Brandschutzkonzept. Aber das ist die Ausnahme. In den meisten Bundesländern ist es noch schwer, über vier Stockwerke hinaus zu bauen. Und das liegt nicht am Holz, sondern an den Behörden. Nur 35 von 163 deutschen Bezirksregierungen haben aktuell genug qualifizierte Sachverständige für komplexe Holzbauprojekte. Das ist die echte Engstelle - nicht das Material.

Gemütliches Wohnzimmer mit Holzdecken und -böden, Sonnenlicht und Blick auf ein achtstöckiges Holzwohnhaus im Hintergrund.

Der Markt wächst - und wer dominiert ihn

Der Holzbau-Markt in Deutschland ist kein Nischenprodukt mehr. 2022 lag sein Anteil am Wohnungsneubau bei 12,5 %. Für 2025 prognostizieren Experten 18 bis 20 %. Was treibt das? Erstens: Das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Es verlangt klare CO₂-Bilanzen - und Holz ist der einzige Baustoff, der Kohlenstoff speichert. Zweitens: Die Nachfrage der Bauherren. 78 % geben an, Nachhaltigkeit sei ihr wichtigster Grund für die Wahl des Baustoffs. Drittens: Die Industrie. Unternehmen wie KLH, Binderholz und Mayr-Melnhof Holz kontrollieren zusammen 65 % des Brettsperrholz-Marktes. Sie liefern nicht nur Material, sondern auch Planungshilfen, Brandschutzsysteme und Schulungen. Der Holzbau ist kein Handwerk mehr - er ist eine Industrie.

Was kommt als Nächstes? Innovationen, die die Branche verändern

Die Zukunft des Holzbaus wird nicht nur aus Holz bestehen - sondern aus Verbundwerkstoffen. In Bayern arbeitet das „Holzcluster Bayern“ an neuen Materialien, die Holz mit mineralischen Schichten kombinieren, um die Feuerwiderstandsklasse zu erhöhen. Bis 2025 sollen diese Prototypen getestet sein. Die EU fördert das mit 120 Millionen Euro aus dem InnovFin-Programm. Und die Bundesregierung hat sich verpflichtet: Bis 2030 sollen mindestens 30 % aller öffentlichen Gebäude in Holzbauweise errichtet werden. Das ist kein Wunsch - das ist ein Gesetz. Wer heute in Holzbau investiert, baut nicht nur ein Haus. Er baut auf die Zukunft.

Wie Sie als Bauherr:in den richtigen Weg finden

  • Suchen Sie sich einen Architekten, der bereits mindestens drei Holzprojekte realisiert hat.
  • Stellen Sie sicher, dass die Brandschutzplanung von Anfang an mit einem Sachverständigen abgestimmt wird - nicht erst am Ende.
  • Verlangen Sie eine detaillierte Feuchtigkeitsbilanz - inklusive Dachentwässerung, Fundamentabdichtung und Luftdichtigkeit.
  • Prüfen Sie, ob das Gebäude nach MHolzBauRL geplant ist - nicht nur nach allgemeiner Bauordnung.
  • Rechnen Sie mit 10-15 % höheren Planungskosten, aber 30-50 % kürzerer Bauzeit.

Es geht nicht darum, Holz als Wundermittel zu verkaufen. Es geht darum, es richtig zu nutzen. Und das ist heute möglich - mit Wissen, Planung und Mut.

Ist Holzbau wirklich sicher bei Brandgefahr?

Ja, wenn es richtig geplant ist. Moderne Holzkonstruktionen aus Brettsperrholz oder massiven Holzprofilen verkohlen bei Brand langsam und gleichmäßig - etwa 0,7 mm pro Minute. Diese Kohleschicht schützt das unverbrannte Holz darunter. Systeme mit geprüften Brandschottlösungen erreichen Feuerwiderstandsklassen bis REI 90, also 90 Minuten. Das ist vergleichbar mit Betonwänden, aber mit deutlich besserer Wärmedämmung.

Kann man mit Holz mehr als vier Stockwerke bauen?

Ja, aber es ist komplex. Die Landesbauordnungen verlangen für höhere Gebäude oft nichtbrennbare Materialien. Dennoch gibt es Beispiele wie das achtstöckige Wohnhaus in Freiburg, das komplett aus Holz besteht. Dafür braucht es ein spezielles, genehmigtes Brandschutzkonzept, das von einem Sachverständigen erstellt wird. Es ist möglich - aber nicht einfach. In den meisten Bundesländern ist es bis heute eine Ausnahme.

Warum ist Holzbau teurer als Betonbau?

Die Planungskosten sind oft 10-15 % höher, weil spezialisierte Brandschutz- und Feuchtigkeitskonzepte nötig sind. Die Baustoffe selbst sind nicht teurer - oft sogar günstiger. Aber: Die Bauzeit verkürzt sich um 30-50 %, weil die Elemente vorgefertigt werden. Das spart Lagerkosten, Baustellenlogistik und Personal. Langfristig amortisiert sich der Aufwand durch niedrigere Heizkosten und höhere Immobilienwerte.

Bietet Holzbau bessere Wohnqualität?

Ja. Holz reguliert die Luftfeuchtigkeit, was das Raumklima angenehmer macht. Es hat eine wärmere, natürliche Optik und reduziert Geräusche besser als Beton. Studien zeigen, dass Menschen sich in Holzräumen wohler fühlen - mit geringerem Stresslevel. Das ist kein Marketing-Gag - das ist messbar. Holzbau schafft nicht nur ein Haus, sondern einen gesunden Lebensraum.

Welche Förderungen gibt es für Holzbau?

Die KfW fördert energieeffiziente Gebäude mit Zuschüssen und günstigen Krediten - und Holzbau gilt oft als besonders nachhaltig. Außerdem gibt es regionale Programme, wie in Bayern oder Baden-Württemberg, die Holzbau zusätzlich unterstützen. Die EU fördert Forschungsprojekte mit bis zu 120 Millionen Euro bis 2027. Bauherren sollten immer die KfW-Programme „153“ (Energieeffizient Bauen) und „430“ (Energieeffizient Sanieren) prüfen - Holzbauqualitäten werden dort oft bevorzugt bewertet.

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