Kostenplanung für Eigentumswohnungskauf: Hausgeld und Rücklagen einrechnen

Nov 6, 2025

Kostenplanung für Eigentumswohnungskauf: Hausgeld und Rücklagen einrechnen

Kostenplanung für Eigentumswohnungskauf: Hausgeld und Rücklagen einrechnen

Warum das Hausgeld deine Kaufentscheidung entscheidet

Beim Kauf einer Eigentumswohnung denken die meisten an den Kaufpreis, die Finanzierung und die Notarkosten. Aber das, was wirklich langfristig ins Geld gehen kann, bleibt oft unsichtbar: das Hausgeld und die Instandhaltungsrücklage. In Deutschland zahlen Eigentümer durchschnittlich 4,20 € pro Quadratmeter monatlich - und das steigt jedes Jahr. Wer das nicht einplant, läuft Gefahr, überrascht von hohen Sonderumlagen oder einem unerwarteten finanziellen Engpass zu stehen. In Dresden, wo das Hausgeld bei 3,80 €/m² liegt, ist das kein Problem - aber in München oder Frankfurt mit 5,10 €/m² schon. Die Wahrheit: Du kaufst nicht nur eine Wohnung, sondern auch eine Gemeinschaft mit laufenden Kosten, die sich nicht einfach abwählen lassen.

Was genau ist im Hausgeld enthalten?

Hausgeld ist nicht einfach eine monatliche Gebühr. Es ist die Summe aus zwei klaren Teilen: den laufenden Betriebskosten und der Instandhaltungsrücklage. Der erste Teil deckt alles, was jeden Monat anfällt - und das ist mehr, als du denkst. Dazu gehören:

  • Heizkosten für Treppenhäuser und Gemeinschaftsbereiche
  • Strom für Aufzüge, Licht in Fluren und Sprechanlagen
  • Verwalterhonorar (durchschnittlich 0,85 bis 1,20 €/m²)
  • Müllentsorgung (0,15 bis 0,30 €/m²)
  • Gebäudeversicherung (0,20 bis 0,45 €/m²)
  • Treppenhausreinigung und Gartenpflege
  • Kontoführungsgebühren der Gemeinschaftskasse

Diese Kosten sind fix. Sie ändern sich zwar, aber nie auf null. Selbst wenn du deine Wohnung leerst - du zahlst trotzdem. Das ist ein großer Unterschied zur Miete. Bei einer Mietwohnung trägt der Vermieter diese Kosten. Bei deiner Eigentumswohnung bist du der Vermieter - und musst sie tragen.

Instandhaltungsrücklage: Die Zeitbombe, die du nicht siehst

Die Instandhaltungsrücklage ist der zweite, entscheidende Teil. Sie ist kein Luxus - sie ist Pflicht. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) musst du als Eigentümer dafür sorgen, dass das Gebäude in einem ordentlichen Zustand bleibt. Aber es gibt keine gesetzliche Mindesthöhe. Deshalb ist sie so gefährlich. In einigen Gebäuden werden nur 0,40 €/m² gespart - in anderen 1,80 €/m². Der Unterschied? Ein Dach, das in 5 Jahren ersetzt werden muss. Wer zu wenig zurücklegt, zahlt später - und zwar als Sonderumlage. Und die kann schnell 1.500 € oder mehr pro Wohnung betragen.

Experten wie Prof. Dr. Markus Riedinger warnen: Bei Bestandsimmobilien über 20 Jahren ist eine Rücklage von unter 0,80 €/m² ein rotes Signal. In 68 Prozent der Fälle führt das innerhalb von fünf Jahren zu einer Sonderumlage über 500 €. Die Deutsche Gesellschaft für Immobilienwirtschaft (DGW) hat berechnet: 57 Prozent der Eigentümergemeinschaften haben unzureichende Rücklagen. Das ist keine Ausnahme - das ist die Regel.

Wie berechnest du die richtige Rücklage?

Es gibt keine einfache Formel - aber eine, die viele Experten nutzen: die Peters’sche Formel. Sie hilft dir, grob abzuschätzen, wie viel du brauchst:

Instandhaltungsrücklage = Baukosten pro m² × 1,5 : 80 Jahre × 0,7 × Wohnfläche

Beispiel: Du kaufst eine 80 m² große Wohnung, die 1.500 € pro Quadratmeter gekostet hat. Dann rechnest du:

  • 1.500 € × 1,5 = 2.250 €
  • 2.250 € : 80 = 28,125 €
  • 28,125 € × 0,7 = 19,6875 €
  • 19,6875 € × 80 m² = 1.575 € pro Jahr
  • 1.575 € : 12 = 131,25 € pro Monat

Das ist nur eine grobe Orientierung. Wenn das Gebäude 40 Jahre alt ist, musst du mehr zurücklegen. Bei Neubauten reichen 0,30-0,60 €/m² - bei Altbauten über 30 Jahren 1,20-1,80 €/m². Die Berliner Sparkasse bestätigt: Bei Immobilien über 30 Jahren sind die Rücklagen im Schnitt 142 % höher als bei Neubauten.

Zwei Seiten eines Gebäudes: eine gut finanzierte, eine mit unzureichender Rücklage und sichtbaren Schäden.

Was du vor dem Kauf unbedingt prüfen musst

Bevor du den Kaufvertrag unterschreibst, fordere die letzten drei Wirtschaftspläne und die Protokolle der letzten drei Eigentümerversammlungen an. Das ist kein überflüssiger Schritt - das ist deine Versicherung. Hier findest du:

  • Wie hoch die aktuelle Rücklage ist
  • Ob geplante Sanierungen (Dach, Fassade, Aufzug) bereits beschlossen wurden
  • Ob es in den letzten Jahren Sonderumlagen gab
  • Wie die Verwaltung mit Geld umgeht

Die Berliner Sparkasse hat eine Umfrage gemacht: 78 % der Käufer, die diese Unterlagen nicht geprüft haben, wurden innerhalb von zwei Jahren mit einer unerwarteten Sonderumlage konfrontiert. Das ist kein Zufall. Es ist ein Systemfehler - und du kannst ihn vermeiden.

Die großen roten Flaggen: Wann du die Finger von der Wohnung lassen solltest

Nicht jede Wohnung ist ein guter Kauf. Manche sind finanzielle Fallen. Hier sind die drei größten Warnsignale:

  1. Sichtbare Schäden an der Fassade: Bröckelnder Putz, Risse, fehlende Dichtungen? Das bedeutet: Fassadensanierung steht an. Die kostet mindestens 100.000 € für ein mittelgroßes Haus - und du zahlst deinen Anteil.
  2. Leerstand über 30 %: Je weniger Eigentümer da sind, desto höher die Last für jeden. Die DGW hat gezeigt: In Gemeinschaften mit mehr als 30 % Leerstand sind die Rücklagen in 82 % der Fälle unzureichend.
  3. Häufige Wechsel der Hausverwaltung: Wenn die Verwaltung alle zwei Jahre wechselt, ist das ein Zeichen für Chaos. Die Finanzen werden nicht transparent geführt - und die Rücklagen werden vernachlässigt.

Wenn du eine Wohnung mit diesen Merkmalen siehst - geh weiter. Nicht weil sie schlecht ist, sondern weil sie dich finanziell ruinieren kann.

Wie du dich auf zukünftige Preissteigerungen vorbereitest

Hausgeld steigt - und zwar nicht nur wegen Inflation, sondern auch wegen neuer Gesetze. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ab 2024 zwingt viele Gebäude zu energetischen Sanierungen. Das bedeutet: Mehr Kosten für Dämmung, neue Fenster, moderne Heizungen. Das ifo Institut rechnet mit zusätzlichen 0,25 bis 0,45 €/m² pro Monat - nur für die Rücklage.

Dazu kommt: In den letzten fünf Jahren stieg das Hausgeld im Durchschnitt um 3,8 % pro Jahr. In Ballungsräumen waren es sogar 5,4 %. Das ist mehr als die Inflation. Wenn du also nur das aktuelle Hausgeld in deine Kalkulation einrechnest, bist du schon in zwei Jahren überfordert. Die Deutsche Bundesbank empfiehlt: Plane eine Pauschale von 15-20 % für zukünftige Erhöhungen ein. Für eine Wohnung mit 4,20 €/m² bedeutet das: Rechne mit 4,80 bis 5,00 €/m².

Wohnungseigentümer in einer Versammlung entdecken eine unerwartete Sonderumlage von über 1.400 €.

Warum du auch als Kapitalanleger nicht entkommen kannst

Wenn du eine Wohnung als Investition kaufst, denkst du vielleicht: Ich zahle nur, wenn sie vermietet ist. Falsch. Du zahlst das Hausgeld - auch wenn niemand darin wohnt. Und du zahlst es auch, wenn du die Wohnung leerst, weil du sie verkaufst oder renovierst. Die Berliner Sparkasse hat herausgefunden: 42 % der Kapitalanleger unterschätzen das Leerstandsrisiko. Sie rechnen mit Mieteinnahmen, die nie kommen. Und dann fehlt das Geld für das Hausgeld - und die Bank ruft die Hypothek ein.

Ein Beispiel: Du kaufst eine 70 m² große Wohnung für 280.000 €. Du rechnest mit 800 € Miete. Das Hausgeld ist 3,50 €/m² - also 245 €. Du planst 138 € Rücklage. Total: 383 €. Du hast 417 € Gewinn. Aber: Die Wohnung bleibt drei Monate leer. Du zahlst 1.149 € Hausgeld - und bekommst keine Miete. Dein Gewinn ist weg. Und wenn dann noch eine Sonderumlage von 1.200 € kommt - bist du in der Schuldenfalle.

Was passiert, wenn du die Rücklage ignorierst?

Ein Hausgeld von 3 €/m² mag attraktiv klingen. Aber wenn die Fassade in drei Jahren saniert werden muss, und die Rücklage nur 0,50 €/m² beträgt, dann musst du die Differenz nachzahlen. Die Deutsche Bundesbank sagt: Die durchschnittliche Sonderumlage in Deutschland liegt bei 1.420 € pro Wohnung. In Westdeutschland sind es 1.640 € - in Ostdeutschland 1.080 €. Das ist kein kleiner Betrag. Das ist eine Belastung, die du nicht aus dem Geldbeutel bezahlen kannst - wenn du nicht vorbereitet bist.

Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Wenn die Gemeinschaft keine Rücklage hat, wird sie Kredite aufnehmen - und du zahlst Zinsen. Oder sie verkaufen Teile des Gemeinschaftseigentums - wie den Keller oder die Garagen. Du verlierst Wert - und Kontrolle.

Die Zukunft: Was sich bis 2030 ändern wird

Die Kosten steigen - und zwar massiv. Die DGW prognostiziert: Bis 2030 wird das Hausgeld in Deutschland um 35-40 % steigen. Warum? Weil die Energiepreise nicht fallen, weil die Sanierungen teurer werden, und weil immer weniger Menschen in den Gebäuden wohnen. In Regionen mit Bevölkerungsrückgang - wie im Erzgebirge oder in Teilen Brandenburgs - steigen die Kosten sogar um bis zu 55 %. Weniger Eigentümer = höhere Last für jeden.

Und die Politik macht es nicht einfacher. Das GEG zwingt Eigentümergemeinschaften, ab 2024 effizienter zu sanieren. Wer jetzt nicht vorsorgt, wird später zahlen - und zwar mit Zinsen, mit Schulden, mit Stress.

Was du jetzt tun kannst

Wenn du eine Eigentumswohnung kaufen willst, dann mach das so:

  1. Frage nach den letzten drei Wirtschaftsplänen und Versammlungsprotokollen.
  2. Rechne das aktuelle Hausgeld um - auf 15-20 % mehr.
  3. Prüfe die Rücklage: Ist sie unter 0,80 €/m² bei einem Gebäude über 20 Jahren? Dann lauf weg.
  4. Prüfe die Fassade, das Dach, den Aufzug - und frag: Wann wurde das letzte Mal etwas gemacht?
  5. Rechne mit Leerstand - selbst wenn du selbst wohnst. Was passiert, wenn du 6 Monate nicht da bist?

Ein Hausgeld von 4,20 €/m² ist kein Luxus - es ist die Realität. Wer das versteht, kauft sicher. Wer es ignoriert, zahlt später - und oft viel mehr, als er je verdient hat.

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